orm@doc-tcpip.org | Erstellt: Juni 2000 - Letzte Modifikation: März 2008 |
Für die Menschen so fundamentale Naturereignisse wie Tag und Nacht, die Jahreszeiten oder die Gezeiten beruhen auf den zyklischen Bewegungen von Sonne, Erde und Mond relativ zueinander.
Diese Zyklen sind für den Menschen von großer Bedeutung, und seit vorgeschichtlichen Zeiten wurden astronomische Observation durchgeführt, und Kalendersysteme entwickelt.
Die drei wichtigsten Zyklen und ihre Folge:
Die Drehung der Erde um sich selbst, der Umlauf des Mondes um die Erde, und der Umlauf der Erde um die Sonne haben zueinander gebrochene Verhältnisse. Keiner der Zyklen ist ein glattes Vielfaches eines anderen!
Für den Kalender, also die gesellschaftliche Übereinkunft, wie die Tage gezählt und in einen praktischen Zyklus gefaßt werden können, ergibt sich so ein großes Problem:
Das Sonnenjahr läßt sich nicht glatt aus Tagen und Mond-Monaten aufbauen.
So dauerte z.B. das Jahr 2000 365,24219052 Tage = 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten, 45,261 Sekunden .
Das sind die Angaben für ein Tropisches Jahr, also zwischen den Passagen des Frühlingspunktes (auch wenn das Tropische Jahr heute anders definiert wird...). Der Frühlingspunkt ist ein Punkt auf der elisoiden Bahn der Erde um die Sonne, aufgrund der Stellung der Erdachse ist ab diesem Punkt die nördliche Halbkugel der Sonne zugewandt. Damit ändert sich der Einfallswinkel der Sonnenstrahlen, die Energieaufnahme der Erde wird größer, und der Frühling beginnt - während die armen Schweine auf der Südhalbkugel in den Herbst gehen. Dieser Tag ist insofern speziell, als überall auf der Erde Tag und Nacht etwa gleich sind, und die Sonne tatsächlich fast genau im Osten auf- und im Westen untergeht. Der Grund dafür ist, daß die Ebenen der Erdumlaufbahn und des Himmelsäquators sich an diesem Punkt schneiden, die Sonne also tatsächlich senkrecht über dem Erd-Äquator steht.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß all diese Parameter gewissen Schwankungen und zeitlichen Veränderungen unterliegen. Für den praktischen Kalender sind all die Feinheiten der Schwankungen des Umlaufes und der Erdrotation nur über sehr lange Zeiträume relevant, daher soll auch nicht weiter darauf eingegangen werden.
Aus gesellschaftlichem und politischem Interesse war es in Europa extrem wichtig, den Osterfeiertag exakt zu bestimmen und denn Kalender danach auszurichten. Der Kalender sollte fest im Sonnenjahr verankert sein, konkret sollte die Tag- und Nachtgleiche im Frühling (d.h. die Passage durch den Frühlingspunkt) immer auf den 21. März fallen. Dies war auf dem Konzil von Nicäa im Jahre 325 so festgelegt worden (man war so damit beschäftigt, die Arianer einzukochen, daß man nicht die nötige Zeit hatte, um über den Kalender gründlich nachzudenken...).
Nur so ist eine feste Zuordnung der vom Menschen erfundenen Monate zu den natürlich bedingten Jahreszeiten möglich - für den Menschen eine enorm wichtige Frage des Überlebens. Ohne einen funktionierenden Kalender kann man z.B. nicht sicher wissen, ob der Winter tatsächlich vorbei ist.
Für andere Teile der Welt, seien es die Maya, Azteken, Chinesen oder Ägypter, war die konkrete gesellschaftlich-politische Motivation selbstverständlich eine andere, das grundsätzliche Problem ist jedoch dasselbe, alle Betrachtungen sind hier auf Europa bezogen, aber übertragbar.
Der Osterfeiertag als höchster Feiertag des Christentums ist sehr schwer zu fassen, da er sowohl vom Sonnenjahr als auch vom Mond-Monat abhängt. Der Osterfeiertag ist folgendermassen definiert: Der Sonntag, der auf den ersten Vollmond nach der Tag- und Nachtgleiche im Frühling folgt.
Eingeführt unter Julius Cäsar. Durch das Christentum in ganz Europa und weiten Teilen der neuen Welt verbreitet.
Das Jahr wird auf 365 Tage festgelegt.
Der "Rest" wird auf einen Vierteltag festgelegt und alle 4 Jahre durch ein Schaltjahr mit einem zusätzlichen Tag kompensiert.
Daraus resultiert eine mittlere Jahreslänge über den Schaltzyklus von 364.25 Tagen. Unglücklicherweise ist ein Vierteltag genau 6 Stunden, und der Tagesbruchteil, der im Sonnenjahr "zuviel" ist, beträgt nur 5 Stunden, 48 Minuten, 45,261 Sekunden - es wird also durch die Korrektur mit Schaltjahren ein Überhang von rund 11 Minuten pro Jahr angesammelt.
Über tausend Jahre sammelt sich so ein Überhang von 7 ganzen Tagen an, der Frühlingspunkt wandert also immer weiter ins Kalenderjahr hinein. Der Kalender würde so mit der Zeit durch das gesamte Sonnenjahr wandern - für Menschen der nord-westlichen Hemisphäre eine grausliche Vorstellung.
An dieser Stelle sei eingeschoben, daß z.B. der islamische Kalender ein nicht korrigierter Mondkalender ist und zyklisch durch das Sonnenjahr läuft. Daher bewegen sich auch islamische Feste durch unser Jahr. Aus der Sicht des islamischen Kalenders bewegt sich nichts, nur die Jahreszeiten sind halt andere, wenn die Feste fallen.
Zur Zeit von Papst Gregor XIII (1502-1585) war eine Abweichung von 10 Tagen aufgelaufen, was eine Kalenderreform erzwang. Dazu wurde eine Expertenkommission unter Leitung von Christoph Clavius beauftragt, den Julianischen Kalender zu überarbeiten.
Diese Gregorianische Kalenderreform von 1582 führte zum heute noch gültigen, gregorianischen Kalender.
Die Gregorianische Kalenderreform umfaßt zwei Punkte:
Es wurde beschloßen, diese Tage einfach wegfallen zu lassen. Dazu wurden per Päpstlicher Bulle angeordnet, daß im Jahre 1582 auf den 4. Oktober direkt der 15. Oktober zu folgen hat.
Der Oktober wurde gewählt, da er anscheinend nur wenige Heiligentage enthält und so das Kirchenjahr am wenigsten beinträchtigt war.
Protestantische und orthodoxe Christen machten bei diesen papistischen Spinnereien nicht mit - der Ausdruck zwischen den Jahren stammt aus der Zeit, als in Deutschland katholische und protestantische Gemeinden und Länder unterschiedliche Kalender hatten, also die Katholischen schon im neuen Jahr waren, während die Evangelischen sich noch darauf vorbereiteten.
Im Angelsächsischen Raum holte man die Reform in Jahre 1752 nach, was man mit Hilfe des "cal" Befehles auf Unix-Systemen sehen kann:
[orm@mulhacen ~]$ cal 9 1752 September 1752 Su Mo Tu We Th Fr Sa 1 2 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30Weil sie solange getrödelt haben, mußten sie einen Tag mehr korrigieren.
In Russland wurde der Gregorianische Kalender 1918 nach der Revolution eingeführt - die russisch-orthodoxe Kirche ignoriert das Komplott aber weiterhin.
Die Schalttage des Julianischen Kalenders sorgen für eine Überkorrektur des Kalenders, und man mußte diese Korrektur wieder korrigieren. Das Sonnenjahr wurde auf 365.2422 Tage festgelegt. Auf diesen Wert kommt man, wenn man alle 100 Jahre ein Schaltjahr überspringt. Der Moment dieser Auslassung wurde sinnigerweise auf die jeweiligen Jahrhundertwenden gelegt.
Mit dieser Korrektur handelte man sich aber ein neues Problem ein; jetzt fehlte Zeit, die Durchschnittsjahre waren zu kurz. Das führte zu einer weiteren Korrektur (um die Korrektur der Korrektur zu korrigieren). Die zusätzliche Regel besagt, das bei Jahrhunderten, die sich durch 400 teilen lassen, der Schalttag nicht übersprungen wird.
Mit den Korrekturen erster bis dritter Ordnung erreichte man, daß das Kalenderjahr im Durchschnitt nur noch knapp 26 Sekunden vom Sonnenjahr abweicht. Wie schon oben erwähnt, ist weder der Sonnenumlauf, noch die Erdrotation absolut gleichmäßig. Wenn man Kurven des Sonnenjahres mit all diesen Einflüßen mit der Entwicklung des gregorianischen Kalenders vergleicht, so sieht man, das die Effekte sich gegenseitig kompensieren. Der Gregorianische Kalender ist also noch auf Jahrtausende eine exzellente Annäherung an das Sonnenjahr.
365 + 1/4 - 1/100 + 1/400 = 365,2425
Aus der Sicht des gregorianischen Kalenders war das Jahr 2000 daher sehr speziell: Neben dem Jahrtausend-Wechsel war es noch ein Schaltjahr - es ist durch 400 teilbar. Man hat also "etwas" erlebt, was einmal nur alle 1000 Jahre und zum anderen nur alle 400 Jahre passiert... Wobei man sich natürlich fragt, was das "etwas" ist, was man da erlebt hat - eine rein ordnungspolitische Erfassung und Zyklisierung ohne jede Relation zur Natur, in der zufällig runde Zahlen auftauchen. Für mich ein Beispiel für die starke Tendenz des Menschen zur Reifikation, zur Vergegenständlichung von Konzepten. Zuerst wird ein völlig abstraktes Konzept zur Ordnung eines zeitlich unbestimmten Ablaufes erfunden, und nach einiger Zeit wird eigentlich bedeutungslosen Zählelementen eine transzendente Bedeutung zugemessen.
Im Fall des Mond-Kalenders ist alles noch viel schlimmer. Der Mond-Monat, also eine Umdrehung um die Erde, dauert im Mittel 29,53059 Erdtage (je nach Ort auf der Umlaufbahn sind Mond und Erde unterschiedlich schnell - Keplersche Gesetze). Das sinnvoll in einem Sonnenjahr unterbringen zu wollen, ist völlig unmöglich.
Die beste Näherung sind 12 Mondmonate mit abwechselnd 29 und 30 Tagen. Man kommt so auf ein Jahr mit rund 354 Tagen. Zu einem Sonnenjahr fehlen also noch jede Menge Tage.
Praktisch in allen Mond-Kalendern wird das nach einem Zyklus von Meton (ein griechischer Astronom) korrigiert. Dabei wird in einem Zyklus von 19 Jahren in 7 Jahren ein 13. Monat mit 30 Tagen eingeschoben. Solche Jahre haben dann 384 Tage. Im Mittel kommt man dann auf ein "normales" Jahr mit 365 Tagen.
Aus einer kulturellen Laune heraus hat die Menschheit die 365 Tage des Sonnenjahres in 52 Wochen zu je 7 Tagen eingeteilt. Dummerweise bleibt so am Ende des Jahres ein Tag übrig - was z.B. bei einer Woche mit 5 Tagen nicht passiert wäre. Dieser Tag fällt dann schon in die erste Woche des nächsten Jahres.
Daher rückt der Wochentag eines jeden Datums pro Jahr um einen Tag vor. In Schaltjahren sind es sogar zwei Wochentage, da ja durch den 29. Februar noch ein Tag hinzukommt.
Betrachtet man aus einem bestimmten, sozio-kulturellem Hintergrund den 29. November, so "wandert" dieses Datum folgendermaßen über die Wochentage:
November Su Mo Tu We Th Fr Sa 1965 XX 1966 XX 1967 XX 1968 XX 1969 XX 1970 XX 1971 XX 1972 XX 1973 XX 1974 XX 1975 XX 1976 XX 1977 XX 1978 XX 1979 XX 1980 XX 1981 XX 1982 XX 1983 XX 1984 XX 1985 XX 1986 XX 1987 XX 1988 XX 1989 XX 1990 XX 1991 XX 1992 XX 1993 XX 1994 XX 1995 XX 1996 XX 1997 XX 1998 XX 1999 XX 2000 XX 2001 XX 2002 XX 2003 XX 2004 XX 2005 XX 2006 XX 2007 XX 2008 XX 2009 XXJedes Jahr rückt der Wochentag vor, im Fall der Schaltjahre (1968, 1972, 1976, 1980 ...) wird doppelt vorgerückt, also ein Wochentag übersprungen.
Die Bewegung der Wochentage über die Kalenderdaten stellt eine Verknüpfung zweier Zyklen dar: Einen Zyklus über 7 Jahre (jedes Jahr einen Tag vorrücken) und einen Zyklus über 4 Jahre (jedes vierte Jahr zusätzlich einen Tag überspringen). Greifen zwei Zyklen ineinander, so ist die Periode des Gesamtzyklus das Produkt der Perioden der einzelnen Zyklen. Viermal sieben ist 28 - alle 28 Jahre wiederholt sich ein gegebenes Jahr. So ist der Kalender von 1980 identisch mit dem von 2008 - hier zB. der Februar:
[orm@mulhacen ~]$ cal 2 1980 February 1980 Su Mo Tu We Th Fr Sa 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 [orm@mulhacen ~]$ cal 2 2008 February 2008 Su Mo Tu We Th Fr Sa 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29
Eine Ausnahme gibt es natürlich auch hier, aber das ist zum Ausknobeln für den geneigten Leser....
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